Verschiedene Zuwendungen werden als sogenannte De-minimis-Beihilfen gewährt und sind aufgrund dieser Tatsache an die Einhaltung bestimmter Bedingungen geknüpft. Im Folgenden möchten wir die im Zusammenhang mit De-minimis-Beihilfen verwendeten Begriffe sowie die sich aus der Gewährung einer De-minimis-Beihilfe ergebenden Bedingungen erläutern.
Was ist eine Beihilfe?
Als Beihilfen werden Zuwendungen bezeichnet, die für das empfangende Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber einem Konkurrenzunternehmen bedeuten, welches eine solche Zuwendung nicht erhält. Diese Zuwendungen können unter anderem in Form von Zuschüssen oder zinsverbilligten Darlehen gewährt werden.
Da eine Beihilfe nur einem oder einigen Marktteilnehmern zugutekommt, kann sie nach Auffassung der Europäischen Kommission den Wettbewerb zwischen den Beihilfeempfängern und ihren Konkurrenten verzerren. Eine solche Wettbewerbsverzerrung widerspricht jedoch dem Prinzip der freien Marktwirtschaft. Andererseits sind Unterstützungsmaßnahmen für bestimmte Marktteilnehmer oft politisch erwünscht.
Aus diesem Grund untersucht die Europäische Kommission jede Beihilfe vor ihrer Gewährung hinsichtlich der Frage, ob die durch die Beihilfe verursachte Wettbewerbsverzerrung akzeptiert werden kann, da die durch die Beihilfe bewirkte Verbesserung der Wirtschaftskraft die Nachteile aus der Verzerrung des Wettbewerbs aufwiegt (Notifizierungsverfahren). Sofern dies der Fall ist, genehmigt die Europäische Kommission die Beihilfe als Einzelmaßnahme für ein spezielles Unternehmen oder als Fördermaßnahme für einen bestimmten Adressatenkreis.
Wie hoch ist eine Beihilfe?
Mit einer Beihilfe wird dem Empfänger ein wirtschaftlicher, finanziell messbarer Vorteil gewährt. Da es unterschiedliche Beihilfearten gibt, ist es wichtig, diesen Vorteil so darzustellen, dass alle Beihilfearten miteinander verglichen werden können. Aus diesem Grund wird für jede Beihilfe berechnet, mit welchem Geldbetrag die durch die Beihilfe gewährte Vergünstigung gleichgesetzt werden kann. Der Betrag dieser Vergünstigung wird als Subventionswert bezeichnet.
Was ist eine „De-minimis“-Beihilfe?
Das EU-Beihilfenrecht lässt bestimmte Ausnahmen von einem grundsätzlichen Verbot von Beihilfen zu. Das gilt für Förderungen, deren Höhe so gering ist, dass eine spürbare Verzerrung des Wettbewerbs ausgeschlossen werden kann. Diese Beihilfen sind von der Anmeldepflicht bei der Kommission ausgenommen. Sie können ohne deren Einschaltung gewährt werden. Allerdings hat die EU-Kommission das Recht, die Durchführung dieser Maßnahme zu kontrollieren.
Damit ein Unternehmen nicht mehrere De-minimis-Beihilfen sammelt und es dadurch doch noch zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt, ist der Höchstbetrag aller für ein Unternehmen zulässigen De-minimis-Beihilfen auf 300.000 Euro innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren (rollierend) begrenzt.
Die De-minimis-Höchstgrenze für Unternehmen des Agrarsektors beträgt 50.000 Euro und für Unternehmen des Fischerei- und Aquakultursektors 30.000 Euro da in diesen Sektoren auch kleine Beihilfebeträge den Wettbewerb verzerren können.
Bei der Überprüfung, ob die De-minimis-Höchstgrenze für ein Unternehmen erreicht bzw. überschritten wurde, muss Folgendes beachtet werden:
Bei dem zugrundeliegenden Zeitraum von drei Jahren handelt es sich um einen rollierenden Zeitraum. Bei jeder neuen Gewährung einer De-minimis-Beihilfe ist die Gesamtsumme, der in den vergangenen drei Jahren gewährten De-minimis-Beihilfen heranzuziehen.
Nur die durch deutsche Behörden gewährten De-minimis-Beihilfen werden berücksichtigt.
Die De-minimis-Beihilfen der verbundenen Unternehmen müssen ebenfalls berücksichtigt werden.
Beispiele
Ein Unternehmen erhielt folgende De-minimis-Beihilfen:
Aufstellung De-minimis-BeihilfenNummer | Mitgliedstaaten | Bescheiddatum | Betrag |
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1. | Deutschland | 15.11.2019 | 50.000 Euro |
2. | Deutschland | 13.11.2021 | 25.000 Euro |
3. | Italien | 21.09.2022 | 30.000 Euro |
Seine verbundenen Unternehmen erhielten folgende De-minimis-Beihilfen:
Aufstellung De-minimis-BeihilfenNummer | Mitgliedstaat | Bescheiddatum | Betrag |
---|
4. | Deutschland | 01.10.2022 | 10.000 Euro |
5. | Deutschland | 02.04.2023 | 15.000 Euro |
6. | Frankreich | 12.01.2024 | 5.000 Euro |
Der Antrag wird am 10. November 2023 gestellt.
Fragen:
A. Welche De-minimis-Beihilfen sind relevant?
B. Wie hoch ist die Restfördermöglichkeit?
Lösung:
A. Relevant sind nur die im Mitgliedsstaat Deutschland gewährten De-minimis-Beihilfen im Zeitraum vom 10. November 2020 bis 10. November 2023 inklusive der entsprechenden De-minimis-Beihilfen der verbundenen Unternehmen.
Aufstellung zu berücksichtigende De-minimis-BeihilfenNummer | Mitgliedstaat | Bescheidatum | Betrag | zu berücksichtigen | Bemerkung |
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1. | Deutschland | 15.11.2019 | 50.000 Euro | 0 Euro | Nicht mehr relevant, da aus dem Jahr 2019 |
2. | Deutschland | 13.11.2021 | 25.000 Euro | 25.000 Euro | |
3. | Italien | 21.09.2022 | 30.000 Euro | 0 Euro | Nicht relevant, da von einer Behörde in Italien gewährt |
4. | Deutschland | 01.10.2022 | 10.000 Euro | 10.000 Euro | |
5. | Deutschland | 02.04.2023 | 15.000 Euro | 15.000 Euro | |
6. | Frankreich | 12.01.2024 | 5.000 Euro | 0 Euro | Nicht relevant, da von einer Behörde in Frankreich gewährt |
| | | Gesamt | 50.000 Euro | |
B. Da das antragstellende Unternehmen und seine verbundenen Unternehmen im relevanten Zeitraum vom 10. November 2020 bis 10. November 2023 bereits De-minimis-Beihilfen in Höhe von 50.000 Euro erhalten haben, beträgt die Restfördermöglichkeit noch 250.000 Euro.
Wie erfährt man die Höhe einer De-minimis-Beihilfe?
Nach der Gewährung einer De-minimis-Beihilfe stellt die Bewilligungsbehörde dem Beihilfeempfänger eine De-minimis-Bescheinigung aus, in der unter anderem mitgeteilt wird, wie hoch der auf die Beihilfe entfallende Subventionswert ist. Diese De-minimis-Bescheinigung muss ab dem Tag der Gewährung der Beihilfe mindestens zehn Jahre aufbewahrt werden, damit sie bei einer eventuellen Anfrage z. B. der Europäischen Kommission, die möglicherweise ihr Kontrollrecht ausüben wird, kurzfristig vorgelegt werden kann. Erfolgt die Vorlage nicht, muss der erhaltene Subventionswert zurückgezahlt werden.
Ab dem 1. Januar 2026 werden die Angaben zu gewährten De-minimis-Beihilfen in einem zentralen Register erfasst.
Um zu gewährleisten, dass die De-minimis-Beihilfen nicht den je nach Sektor maximal zulässigen De-minimis-Höchstbetrag überschreiten, muss das Unternehmen bei der Antragstellung eine De-minimis-Erklärung über sämtliche in den letzten drei Jahren (rollierend) erhaltenen De-minimis-Beihilfen abgeben. Anhand der Angaben aus der De-minimis-Erklärung und den vorgelegten De-minimis-Bescheinigungen wird dann geprüft, ob mit der neu beantragten De-minimis-Beihilfe die De-minimis-Höchstgrenze eingehalten wird.
Was ist ein Unternehmen?
Für die Zwecke der De-minimis-Verordnung sind die Unternehmen als ein „einziges Unternehmen“ zu betrachten, die zueinander in mindestens einer der folgenden Beziehungen stehen:
- Ein Unternehmen hält die Mehrheit der Stimmrechte der Anteilseigner oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens,
- Ein Unternehmen ist berechtigt, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs-, oder Aufsichtsgremium eines anderen Unternehmens zu bestellen oder abzuberufen,
- Ein Unternehmen ist gemäß einem mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Vertrag oder aufgrund einer Klausel in dessen Satzung berechtigt, einen beherrschenden Einfluss auf dieses Unternehmen auszuüben.
- Ein Unternehmen, das Anteilseigner oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens ist, übt gemäß einer mit anderen Anteilseignern oder Gesellschaftern dieses anderen Unternehmens getroffene Vereinbarung die alleinige Kontrolle über die Mehrheit der Stimmrechte von dessen Anteilseignern oder Gesellschaftern aus.
Unternehmen, deren einzige Beziehung untereinander darin besteht, dass jedes von Ihnen eine direkte Verbindung zu derselben bzw. denselben öffentlichen Einrichtungen aufweist, werden als nicht miteinander verbunden eingestuft.
Im Falle einer Fusion oder Übernahme müssen sämtliche De-minimis-Beihilfen, die den beteiligten Unternehmen zuvor in einem Zeitraum von drei Jahren gewährt wurden, berücksichtigt werden. Bei Unternehmensaufspaltungen werden die De-minimis-Beihilfen dem Unternehmen zugerechnet, welches die Geschäftsbereiche übernimmt, für die die De-minimis-Beihilfen verwendet wurden. Ist diese Zurechnung nicht möglich, muss eine anteilige Aufteilung auf der Grundlage des Buchwerts des Eigenkapitals zum Zeitpunkt der tatsächlichen Aufspaltung erfolgen.
Darüber hinaus sind alle De-minimis-Beihilfen anzugeben, die durch Betriebsaufspaltung verbundene Unternehmen erhalten haben.
Die Rechtmäßigkeit von vor der Fusion bzw. Übernahme rechtmäßig gewährten De-minimis-Beihilfen wird dadurch nicht in Frage gestellt.
Was für De-minimis-Beihilfen gibt es?
Allgemeine De-minimis-Beihilfen (bis zu 300.000 Euro für drei Jahre – rollierend):
Verordnung (EU) 2023/2831 der Kommission vom 13. Dezember 2023 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen bzw. Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen.
Agrar-De-minimis-Beihilfen (bis zu 50.000 Euro für frei Jahre – rollierend):
Verordnung (EU) 2024/3118 der Kommission vom 10. Dezember 2024 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor bzw. Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor, zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2023/2391 der Kommission vom 4. Oktober 2023.
Fisch-De-minimis-Beihilfen (bis zu 30.000 Euro im laufenden sowie in den vorangegangenen zwei Kalenderjahren):
Verordnung (EU) Nr. 717/2014 der Kommission vom 27. Juni 2014 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2023/2391 vom 4. Oktober 2023.
DAWI-De-minimis-Beihilfen (bis zu 750.000 Euro für drei Jahre rollierend):
Verordnung (EU) 2023/2832 der Kommission vom 13. Dezember 2023 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinen wirtschaftlichem Interesse erbringen.
Was ist bei einer Kumulierung zu beachten?
Erhält ein einziges Unternehmen De-minimis-Beihilfen nach verschiedenen De-minimis-Verordnungen, so müssen diese – bis auf die DAWI-De-minimis-Beihilfen – zusammen betrachtet und addiert werden. Daher gelten unter Beachtung der genannten einzelnen Höchstbeträge folgende Obergrenzen:
- Agrar- + Fisch-De-minimis = 50.000 Euro
- Allgemeine- + Agrar- + Fisch-De-minimis = 300.000 Euro
DAWI-De-minimis-Beihilfen in Höhe von 750.000 Euro dürfen immer zusätzlich, d.h. neben den anderen De-minimis-Beihilfen gewährt werden.
Was ist sonst noch wichtig?
Ein Unternehmen darf innerhalb von drei Jahren (rollierend) insgesamt nicht mehr als den De-minimis-Höchstbetrag erhalten. Jedoch können De-minimis-Beihilfen durchaus mit Beihilfen aus von der Europäischen Kommission genehmigten Fördermaßnahmen kombiniert werden.
Bereits erteilte De-minimis-Beihilfen aufgrund der vorherigen De-minimis-Verordnung behalten ihre Gültigkeit.
Rechtsgrundlagen für De-minimis-Beihilfen sind die „Verordnung (EU) 2023/2831 der Kommission vom 13. Dezember 2023 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen“,
die „Verordnung (EU) Nr. 2024/3118 der Kommission vom 10. Dezember 2024 zur Änderung über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor "
die „Verordnung (EU) Nr. 2019/316 der Kommission vom 21. Februar 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor",
die „Verordnung (EU) Nr. 1408/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Agrarsektor“,
die „Verordnung (EU) Nr. 717/2014 der Kommission vom 27. Juni 2014 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen im Fischerei- und Aquakultursektor“
und die „Verordnung (EU) 2023/2832 der Kommission vom 13. Dezember 2023 über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinen wirtschaftlichem Interesse erbringen“.